Kosten der Unterkunft

Dieses Begriffsmonster, in einschlägigen Kreisen, auch KdU abgekürzt, bezeichnet den Teil des ALG II, den die Kommunen übernehmen müssen. Der Bund hat das unter dem Begriff „Hartz IV“ zusammengefasste Modell für die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe den Kommunen geschickt verkauft. Der Bund zahlt für jeden hilfebedürftigen Erwerbslosen (noch so ein Begriffsmonster), wenn er oder sie Single ist 345,– Euro (bei Paaren sind es nur 311,— Euro pro Nase) Regelsatz, also das was man zum Leben hat. Die Kosten für Miete und Heizung ist an den Kommunen klebengeblieben. Es gibt zwar einen Zuschuss vom Bund aber der Löwenanteil bleibt an den Kommunen hängen. Es gibt Richtwerte darüber, was eine Wohnung eines ALG II Empfängers kosten sollte und wie groß sie sein darf, diese werden aber von den jeweiligen Kommunen selbst festgelegt. In den allermeisten städtischen Kommunen liegen diese Richtwerte weit unter den realistischen Mietpreisen. Für Köln ist ein Mietpreis von 297 Euro für eine 45 qm Wohnung gedacht plus Heizkosten.

Natürlich versucht die Behörde immer wieder gerne um die Übernahme der vollen Kosten für Wohnung und Heizung herum zu kommen. Die Heizkosten werden pauschaliert, also gedeckelt, obwohl das Gesetz da ziemlich klar ist, dass die Heizkosten in voller Höhe übernommen werden müssen.

Dann wird auch gerne den erwerbslosen Hilfebedürftigen untergejubelt ihre Wohnung sei zu teuer und zu groß, weswegen sie alles was über den Richtwerten liege, doch bitte aus ihrem Regelsatz zahlen sollen. Was bei dem eh nicht sonderlich üppigen Regelsatz, aus dem ja alles andere inkl. Neuanschaffungen bestritten werden muss, für die meisten Betroffenen ein ziemlicher Hammer ist. Inzwischen verstopfen die Widersprüche und Klagen Behörden und Sozialgerichte.

Zur Angemessenheit der Unterkunftskosten äußerte sich das Bundesverwaltungsgericht schon 2002 (BVerwG, Urt. v. 30.10.2002 – 5 C11.01).

…die an sich (abstrakt) für den Wohnbedarf dr Kläger unangemessene hohen Unerkunftskosten hier deshalb angemessen sind, weil die Wohnung der Kläger in den Bedarfsmonanten, die im Streit sind, die einzig verfügbarer oder ihnen zugängliche Wohnung auf dem örtlichen Wohnungsmarkt gewesen ist.

Das Kölner Sozialgericht untersagte die Kürzung der Wohnkosten (AZ S 14 AS 41/05 ER vom 30.01.2006):

Die ARGE müsse prüfen, ob dem Leistungsempfänger im Bedarfzeitraum eine andere bedrafsgerechte ud kostengünstige Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist, bzw. war.
Besteht eine derartige konkrete Unterhaltsalternative nicht, sei die tatsächliche Miete zu übernehmen.

(Quelle:Mieterverein Bonn, Das aktuelle Urteil)

Erst kürzlich äußerte sich das Bundessozialgericht dazu grundsätzlich:

Mehr als 7.000 Kostensenkungsbescheide hat die Hamburger Arge bislang verschickt. Jetzt stoppte sie die entsprechenden Verfahren erst einmal. Ihre Obergrenzen basieren auf dem Mietspiegel, der die örtlichen Wohnkosten abbildet – allerdings auf dem von 2003. Ab Sommer will man sich an der Erhebung von 2005 orientieren, obwohl bereits im Herbst die Erhebung für 2007 veröffentlicht wird. Auch die neuen Grenzen werden also der Realität hinterherhinken. Zudem hat sogar der örtliche Mietspiegel als Kriterium einen Haken: Er bildet ab, was die Hamburger gegenwärtig für die Miete berappen, umfasst also auch viele langjährige und somit günstige Mietverträge. Demnach dürfen Hartz-IV-Empfänger gegenwärtig 6,13 Euro pro Quadratmeter für die Kaltmiete ausgeben. Für neu vermietete Wohnungen zahlt man in Hamburg aber im Schnitt über neun Euro, ergab kürzlich eine Untersuchung von Zeitungsannoncen. »Ein Mietspiegel, der die letzten Jahrzehnte erfasst, ist nicht maßgeblich«, sagt deshalb der Richter vom Bundessozialgericht, Peter Udsching. »Es muss aktuell ermittelt werden, was neu vermietete Wohnungen kosten.« Zudem dürften die Menschen nicht aus ihrem sozialen Umfeld gerissen und zum Umzug in einen weit entfernten Stadtteil oder gar in einen anderen Ort gedrängt werden. Ziel sei es auch gewesen, eine Ghettobildung zu verhindern.

(Quelle)

Auf deutsch heißt das: Wohnungen, die es nicht gibt, kann man auch nicht mieten und ergo muss die ausführende Behörde Miete und Heizkosten der aktuell bewohnten Wohnung im vollem Umfang übernehme und kann, nein darf keine Kürzungen an dem Teil des ALG II, der die Miete betrifft, vornehmen.

Es ist vollkommen unbekannt, wieviele ALG II-EmpfängerInnen hier in Köln inzwischen Teile ihrer Miete aus ihrem Regelsatz bestreiten. Es gibt keine Zahlen und angeblich, so habe ich gehört, sind diese auch nicht zu ermitteln. Es ist nur bekannt, dass es zur allgemeinen Praxis gehört und die allermeisten ALGII-EmpfängerInnen sich auf solche Regelungen einlassen. Die Kölner Sozialdezernentin Marlis Bredehorst der Fraktion „Die Grünen“ wurde auf diese Praxis auch schon hingewiesen aber es gibt kein öffentliches Statement dazu, dass dieser schäbige und rechtswidrige Umgang durch einzelne SachbearbeiterInnen der ARGE mit ihren „Kunden“ (was wäre die ARGE ohne ihre Beraterfirma) eingestellt wird. Nun gibt es endlich ein zitierbares Statement von Frau Bredehorst zur Lage auf dem Kölner Wohungsmarkt.

Rede von Marlis Bredehorst zur Sozialpolitik

Was die grüne Jugend vorgelegt hat, das Modell der bedingungslosen Grundsicherung, da hab ich drei Kritikpunkte, die für mich noch nicht gelöst sind. (…) Wenn ich mal zur Höhe etwas sagen darf, diese 900 Euro. Ich komme aus Köln, wir haben da ein hohes Mietniveau. Wir haben sehr viele auch alleinstehende Hartz IV Empfänger, die mehr als 900 Euro bekommen. Weil nämlich die Mieten so hoch sind. Also diese 900 Euro würde für ganz viele Menschen in Köln noch nicht mal ausreichen, aber das nur nebenbei.

(Die „ähs“ und „ehms“ als auch ganz sinnentstellende grammatische Fehler habe ich zu gunsten der besseren Verständlichkeit entfernt bzw. geändert.)

Ja, Frau Bredehorst daran werden wir sie bei Gelegenheit mal erinnern, wenn es dann hier in Köln, um die Erhöhung der Richtwerte für die Kosten der Unterkunft gehen wird!

Sollte jemand von einer Auffordung zur Senkung der Mieten oder gar Umzug betroffen sein, dazu habe ich ja schon hier einige Empfehlungen, wie man sich am besten verhält, gegeben.

4 Antworten zu “Kosten der Unterkunft

  1. Meines Erachtens kann die gesetzmäßige Reaktion auf eine amtliche Entscheidung, die auf Basis des gegen das Sozialstaatsgebot verstoßenden und somit verfassungswidrigen Hartz-IV-Gesetzes getroffen wurde, nicht der letzte Maßstab sein. Wenn die Gesellschaft mir bewusst ein Einkommen vorenthält, gibt ihr das ganz sicher kein Recht, mich obendrein auch noch aus „meiner“ (angemieteten) Wohnung zu vertreiben! Dies ist einer der Punkte, an dem bei mir das Ende der Geduld erreicht sein wird. Ein anderer ist die Ablehnung jedes Ein-Euro-Jobs, ein weiterer die Annahme eines Jobs unter meiner Qualifikation zu Löhnen, die nicht dem Gesellschaftsvertrag für Akademiker (viel verdienen und damit viel in die Sozialkassen einzahlen, weil man so spät im Leben erst damit angefangen hat) entsprechen, ein weiterer die Ablehnung jedes Jobs mit sittenwidrigem Lohn (Um einen Lohn als sittenwidrig einstufen zu können, braucht es nicht erst ein Gesetz oder eine Verordnung!) und das alles muss auch vorab in der Eingliederungsvereinbarung schriftlich festgehalten werden, sonst unterschreib ich gar nicht erst! Sollte daraufhin eine Kürzung meiner Pauschale erfolgen, bedeutet dies die finale Legitimation zum Widerstand in jeder Form gemäß Artikel 20!

  2. Hallo Manfred, wenn ich Deinen Kommentar lese, bricht in mir die Pragmatikerin durch. Ja, Du hast recht UND die von mir zitierten Urteile und Entscheidungen sind oft das letzte Mittel, dass Erwerbslose haben, um sich gegen Willkür und Bauchentscheidungen der Behörde zur Wehr zu setzen.

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