Dieses Jahr bin ich mitgefahren. Es ist eine gute Aktion, den Radfahrer*innen zu gedenken und das auch öffentlich im Rahmen einer Raddemo zu machen und so sichtbar auf die Situation von Radfahrenden aufmerksam zu machen. Zu den Hintergründen und den traurigen Anlässen in Köln wurde schon genug geschrieben (z. B. hier ) mir geht es um etwas anderes.
Hauptsache der Autoverkehr wird nicht zu sehr behindert
Als wir vom Rudolfplatz auf losfuhren, musste ich zu meiner Überraschung feststellen, dass alle auf der rechten Spur fuhren. Ich dachte noch, hey, das ist doch Ride of Silence und eine Demo, was soll das mit der rechten Spur und versuchte auf der linken zu fahren. Ruckzuck tauchte eine Polizistin auf und scheuchte mich und andere auf die rechte Spur. Beim ersten Stop an der Unfallstelle Aachener Straße mussten alle auf den grünen Mittelstreifen, damit die Straße frei blieb. Ich konnte es kaum fassen, wir gedenken, der durch den Autoverkehr zu Tode gekommen Radfahrerinnen und dann müssen wir, während ein Geisterrad aufgestellt wird, von der Straße?
Es stellte sich heraus, dass die Auflage der Polizei für die Demo war, dass wir bei zweispurigen Autostraßen, die linke Spur freihalten mussten, um den Autoverkehr nicht zu sehr zu behindern. So kam es, dass sich an uns immer wieder Autos mit minimalem Abstand vorbeiquetschten. Für uns auf der linken Spur war das Ganze maximal gefährlich. Als besonders gefährlich habe ich die Situation auf der Inneren Kanalstraße empfunden. Auf der rechten Seite wir, zusammengedrängt und jederzeit hätte es passieren können, dass aufgrund der Enge eine*r von uns nach links ausweicht und links von uns quetschten sich Autos zwischen uns und der doppelt durchgezogenen Linie, die die entgegenkommende Fahrbahn abgrenzte, vorbei. Wie auch der Kölner Polizeibehörde bekannt sein sollte, fahren Menschen auf Rädern nicht gleichförmig (wie z. B. Autos), sodass eins anderen Rädern ausweichen muss und nicht vollkommen geradeaus fahren kann, insbesondere in einer Situation wie in dieser.
Abstandshaltegebot?
Die massive Unterschreitung eines Mindestabstandes während der Demo wurde während des Ride of Silence mit sichtbarer Zustimmung der Kölner Polizei zugelassen. Grundsätzlich hätten diese Autos, die sich an den linken Spuren an uns vorbeiquetschten, überhaupt da nicht fahren dürfen. Die StVO schreibt vor und Gerichte haben dies immer wieder bestätigt, dass Autos mit bis zu 2 Meter Abstand an Radfahrenden vorbeigeführt werden müssen. Insofern war die Auflage durch die Polizei auch noch komplett unsinnig und verstieß gegen die StVO. Wir hätten beide Spuren nutzen können, weil die linke Spur von Autofahrenden sowieso nicht hätte befahren werden dürfen. Die Polizei hat dies aber explizit ermöglicht und das in einer Stadt, in den die allermeisten Autofahrenden vom Mindestabstandhaltegebot noch nie was gehört haben oder glauben auf bestimmten Strecken, brauchten sie sich nicht daran halten.
Ich habe meine Versuche die linke Spur zu kapern dann dem ADFC (als Orga) zuliebe unterlassen, obwohl ich über diesen Umgang mit dem Ride of Silence durch die Kölner Polizei stinksauer war. Ich bin auch ein bisschen enttäuscht, dass sich die Masse der Mitfahrenden das haben gefallen lassen. Schließlich waren wir einerseits zwar eine Demo aber andererseits natürlich auch eine kritische Masse.
Mehr Platz für die begleitende Polizei
Die unrühmliche Rolle der motorisierten Zweiradfahrer*innen der Polizei, die uns „begleitete“ und gerne beschleunigt an uns an engen Stellen vorbeibretterte, wenn grad mal kein Auto über die linke Spur rollte, machte die Situation nicht besser. Die nicht-motorisierten Zweiradler*innen der Polizei kannten keine Klingel, sie schossen oft sehr knapp an uns vorbei, ich hatte mehrfach das zweifelhafte Vergnügen, fast in sie reinzufahren.
Ignoranz
Ich bin empört über den Umgang der Polizei Köln mit einer Demo, die durch Autoverkehr zu Tode gekommenen oder verletzten Radfahrer*innen gedenkt. Sie hat uns vorsätzlich und in falscher Rücksichtnahme gegenüber dem Autoverkehr, Gefahren durch eben diesen ausgesetzt. Diesen ignoranten Umgang mit dem Ride of Silence spiegelt deutlich en Umgang der Kölner Polizei mit Radfahrenden im Alltag.